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Neue Naturschutzleitlinie: “Kernflächen als zukünftiger Urwald”

Der Flop!
 

10.2.2013

Naturschutzleitlinie und Kernflächen-Theorie

Lampertheim war eines von 7 Pilotforstämtern, die 2011 gemäß neuer Hessen-Forst Naturschutzleitlinie Kernflächen (stillgelegte Waldflächen) ausweisen sollten.
ILampertheim wies in unserem Wald noch weniger als die Hälfte der 6% Vorgabe aus. Siehe unten.

Eigentlich war gemäß Kernflächentheorie angedacht, Flächen auszuwählen, in denen bereits eine große Artenvielfalt mit seltenen Arten vorhanden sind. Damit sich diese Arten dann von diesen Trittflächen auf die benachbarten Flächen ausbreiten können. Theorie und Praxis...

 

Ich besuchte 2011 hierzu 2 Informationsveranstaltungen in der Naturschutzakademie Wetzlar.
Alle anderen Pilotforstamts-Vertreter waren dort, nur das Lampertheimer Forstamt nicht.

 Wie sollten Kernflächen ausgewählt werden?

Reliktwald 006 Aussagen in Wetzlar:
Es sollten die Waldbestände und Flächen mit wahrscheinlich höchstem Mehrwert an Biodervisität ausgewählt werden. Vor allem dort, wo seltene Arten vorkommen! Vor allem Sonderstandorte!
 

Die Vorauswahl sollte aus den Forsteinrichtungsdaten erfolgen.
Priorität sollte die fachliche Wertigkeit haben, nicht pauschal 6% pro Forstamt. Die Mindestgröße sollten so 10-20 ha groß sein.

Mittels “W.a.r.B.”-Filter sollten evtl. dort noch naturschutzwürdige Flächen als Kernflächen entdeckt werden. (W.a.r.B. = Wald außerhalb regelmäßigem Betrieb). Insgesamt gab es 2011 ca. 20.000 ha W.a.r.B. inklusive Prozeßschutz-Flächen (Nationalparks etc.) in Hessen. 
Man ging davon aus, dass die Hälfte aller W.a.r.b Flächen in Kernflächen umgewandelt werden könnten.

Wichtige Aussage: Kernflächen sollen im Gelände markiert werden!
Alle potentiellen Kernflächen dürfen nicht behauen werden. Kein Holz dort mehr machen!

Das sah man im Pilotforstamt Lampertheim nicht so eng... Dort wurden gleich nach Festlegung ihrer Kernflächen 15 Buchen in einer einzigen Kernfläche gefällt. Siehe z.B. hierzu das Video.
Danach wurde von Hessen-Forst mitgeteilt, dass “umständehalber” auch zukünftig alles in Kernflächen möglich ist...und die “Ausnahmen” nach Bedarf von Hessen-Forst definiert werden. Weil das Ganze eine rein freiwillige Zielsetzung von Hessen-Forst ist.

Bei der Kernflächenauswahl sollten die Forstämter auch zwischen Naturschutz und Holzproduktion abwägen. Das haben sie bei uns ganz sicher getan, wenn man sich die Auswahl anschaut. Dabei sollten Forsteinrichtungsdaten überprüft werden. Denn, stimmen die noch? Evtl. nach Holzernte nicht mehr.

Die Kernflächenauswahl sollte in Abstimmung mit örtlichen Vertretern von Naturschutzverbänden erfolgen.
Es wurde daraufhin in Wetzlar gefragt, ob Naturschutzverbände diese wichtigen Forstdaten bekommen könnten. Antwort: Das wäre nicht möglich, denn sie wären “streng geheim”. Die Walddaten sind also Betriebsgeheimnisse.
Bemerkenswert: Walddaten (Arten, Alter etc.) über Baumbestand von öffentlichen Staatswäldern, die eigentlich allen Bürgern gehören, sind streng geheim in Hessen!

Interessant in Wetzlar war ein Bericht des Pilotforstamts-Revier Vöhl am Edersee, wo viele Kernflächen vorgeschlagen wurden. Dieses Gebiet ist aufgrund aufgrund genannter Artenvielfalt und Trockenwärme sehr gut vergleichbar mit unserem Waldgebiet hier bei Lampertheim und Viernheim.
Nur, dort in Vöhl wurden überprozentual 560 ha Kernflächen ausgewiesen, also 200 ha mehr als notwendig. Dafür müssten dann andere Forstämter zum Ausgleich weniger ausweisen...  

 

Wie lief dann die Kernflächen-Umsetzung im Pilotforstamt Lampertheim?

April 2010 FFH Reliktwald Ost  Schlecht! Ganz schlecht!
Im Prinzip wählte das Forstamt im Lampertheimer und Viernheimer Raum Flächen aus, mit denen sie eh nichts wirtschaftlich anfangen können. Viele Pappel-, Weiden- und Nadelbaumwälder hat man ausgewiesen. Bei wertvollem Buchen- und Eichenmischwald war man mehr als zurückhaltend.
Abstimmung mit Naturschutzverbänden?

Ganz wenig Kernflächen in unserem großen Waldgebiet!
Obwohl hier bei Lampertheim und Viernheim eines der ältesten Waldgebiete Hessens ist, mit bestens untersuchten sowie wissenschaftlich nachgewiesenen Hotspots!
Nur, die hat man bei der Auswahl nicht berücksichtigt.
 

Ergebnis des Pilotforstamtes Lampertheim:

Insgesamt hat das Forstamt Lampertheim 94 Kernflächen mit einer Gesamtgröße von 427 ha ausgewiesen. Im Durchschnitt also 4,5 ha/ Fläche.
Das sind zwar 5,25% der Staatswaldfläche, aber nur 2,6% der Gesamtwaldfläche (einschließlich Kommunal- und Privatwald). Siehe hier Gesamtauswertung Kernflächen.
Davon sind 67% (286 ha) bereits jetzt schon geschützte Gebiete (FFH- und Naturschutzgebiete).

Aufteilung der 427 ha Kernflächen

196

ha

46

%

Ebene

120

ha

28

%

Odenwald

111

ha

26

%

am Rhein

In “unserem” Staatswald hier (Wald zwischen Viernheim, Lampertheim, Bürstadt, Lorsch und Hüttenfeld) sieht es ganz schlecht aus:
Es wurden hier nur 2,5% (145 ha) Kernflächen ausgewiesen!

Wenn man das auf den gesamten Waldbereich umrechnen würde (einschließlich Kommunalwald), dann sind es sogar nur 2,1% ”stillgelegte” Waldflächen.
Siehe Details hierzu in meiner Kernflächen-Auswertung Viernheim-Lampertheim-Bürstadt-Lorsch-Hüttenfeld

Leider wurden vom Naturschutzverband vorgeschlagene, echte Hotspot-Flächen, in denen große Artenvielfalt wissenschaftlich nachgewiesen wurde, vom Forstamt Lampertheim abgelehnt. Wohl deshalb, weil man dort noch weiteren wertvollen Baumbestand an alten Buchen und Eichen vermarkten will.

Kernfläche#7 Autobahndreieck  Dafür können wir hier im Viernheimer und Lampertheimer Wald nun wohl die “lustigsten” Kernflächen Hessens aufweisen:

Kernfläche, z.B.:
... mitten im Autobahndreieck A6/A67
(evtl. W.a.r.b. Fläche?...ein Witz!)
...die komplett mit Traubenkirschen zugewuchert ist
... Douglasien-Kernfläche
...ausgiebige Pappel-und Weidenflächen am Rhein und bei Lampertheim
... Jungkiefernflächen
etc.

 

 

Schade!
Denn hätte man sinnvollere Kernflächen in unserem uralten Waldgebiet festgelegt, dann hätte das Waldgebiet eine Chance bekommen, sich von der viel zu intensiven und rein wirtschaftlich orientierten Forstwirtschaft der letzten Jahre zu erholen!
Vor allem hätten sich mit stillgelegten Waldflächen die Überlebenschancen für die hiesigen Waldbewohner deutlich erhöht! Um so mehr Holzeinschläge jetzt neben den “Kernflächen”...

Fazit: Was sich zuerst so toll angehört hat, ist eigentlich nur ein Flop.
Das sollte Hessen-Forst wohl nur ein “Grünes Deckmäntelchen” nach außen hin verpassen.

Der Buchen-Raubbau geht hier weiter, bis zum bitteren Ende!

Januar 2013 FFH Reliktwald Ost GP u.West Holz u.Flechten 237

Januar 2013 FFH Reliktwald Ost GP u.West Holz u.Flechten 329

 

www.Natur-um-Huettenfeld.de